Gerda Nemitz

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Laudatio von Bürgermeister Manfred Bosselmann für Frau Gerda Nemitz anläßlich der Ernennung zur Ehrenbürgerin am 16.02.2004.
Auf der Gemeindevertretersitzung im November 2003 haben wir einstimmig den Beschluss gefasst, Frau Gerda Nemitz zur Ehrenbürgerin der Gemeinde Wittenförden zu ernennen. Der feierliche Akt der Überreichung der Ehrenurkunde sollte dann einen würdigen Rahmen erhalten.
Aus diesem Grunde haben wir hierfür die heutige Einwohnerversammlung gewählt. Wir wollen heute die besonderen Verdienste von Frau Nemitz für unsere Gemeinde würdigen, die sie vor allem im zurückliegenden Jahrzehnt als ehrenamtliche Ortschronistin geleistet hat.
Doch, wer ist Frau Nemitz?
Die alteingesessenen Mitbürgerinnen und Mitbürger kennen sie alle. Nur, dieses ist ja mittlerweile der kleinere Teil unserer Einwohnerschaft. Daher gestatten Sie mir bitte den Versuch einer kurzen Biographie.
Frau Nemitz wurde im Jahre 1933 in Wittenförden geboren und wuchs hier in einer alteingesessenen Bauernfamilie auf. Nach dem Besuch der Volksschule in Wittenförden und des Gymnasiums in Schwerin erlernte sie zunächst den Beruf des Damenschneiders.
Während einer nebenberuflichen Lehrtätigkeit an den Schulen in Grambow und Wittenförden entdeckte sie ihre Liebe zum Lehrerberuf, so dass sie sich entschloss, noch ein pädagogisches Studium am Institut für Lehrerbildung in Thüringen zu absolvieren.
Danach arbeitete sie bis zum Jahre 1992 als Unterstufenlehrerin in Renzow, Grambow aber vor allem hier in Wittenförden. In den 3 1/2 Jahrzehnten ihrer Lehrertätigkeit hatte sie so die Möglichkeit auf viele Kinder erzieherisch einzuwirken. 1992 ging sie in den verdienten Ruhestand. Nun ist es nicht jedermanns Sache, den Lebensabend still zu genießen. Frau Nemitz jedenfalls hat sich nun, mit ihren 59 Jahren eine neue Aufgabe gesucht. Voller Tatendrang konzentrierte sie sich fortan auf die Erforschung der Geschichte unserer Gemeinde.
Beginnend mit dem Jahr 1992 fand man sie als ständigen Gast in Archiven und Bibliotheken. Immer auf der Suche nach Erkenntnissen über die früheste Geschichte unserer Gemeinde, ihrer Entstehung und Entwicklung. Bereits 1992 konnte sie anlässlich der 775-Jahrfeier unserer Gemeinde mit ihrem gesammelten Material eine eigene Ausstellung gestalten.
Sogar eine alte Tracht, die „alte Schweriner Tanztracht“, die in alten Zeiten auch in Wittenförden getragen wurde, hat sie zu diesem Anlass selbst genäht und der Öffentlichkeit vorgestellt.
Übrigens, das Original dieser Tracht, das sie von ihren Vorfahren geerbt hatte, hatte sie zuvor dem Museum geschenkt.
Im Jahre 1993 erstellte sie für das Jahr 1994 Heimatkalender mit Wittenfördener Motiven, die sich großer Beliebtheit erfreuten.
Dann, bereits im Jahre 1995 und damit rechtzeitig zum 1000. Jahrestag der Ersterwähnung Mecklenburgs, wurde ihr Buch „Ein Dörp in uns Heimat stellt sick vör“ fertig. Dieser Band wurde durch die Gemeinde finanziell gefördert und herausgegeben. Hierzu möchte ich betonen, dass Frau Nemitz das Buch ehrenamtlich geschrieben und gestaltet hat. Die finanzielle Hilfe der Gemeinde beschränkte sich auf die Druckkosten. Die Erlöse aus dem Verkauf flossen ohne Abstriche auch der Gemeinde zu.
Das Buch fand übrigens reißenden Absatz, so dass nur noch wenige Exemplare für 10,-~ das Stück erhältlich sind. Falls Sie, meine Damen und Herren, noch keins haben sollten, in der VR-Bankfiliale können Sie noch fündig werden.
Im Jahre 1996 machten Herr Hauff und Frau Nemitz auf einen berühmten Sohn Wittenfördens aufmerksam. Der bekannte Ornithologe, Dr. Otto Steinfatt, wäre sonst vielleicht in seinem eigenen Heimatdorf vergessen worden.
Auf ihre Initiative ist schließlich die Namensgebung einer Straße im „Großen Hansberg“, der Dr.-Otto-Steinfatt-Straße zurück zu führen. Die Schule schloss sich diesem Gedanken an und beantragte ebenfalls, diesen Namen tragen zu dürfen.
Seit 1997 arbeitet Frau Nemitz an Dia – Reihen über unser Dorf und über unsere Kirche. Diese verwendete sie bereits für diverse Vorträge vor unterschiedlichstem Publikum. Im sei ben Jahr wurde sie Mitglied des Friedhofs ausschusses unserer Kirchgemeinde und übernimmt seitdem die ehrenamtliche Verwaltung unseres Friedhofes.
Als wir im Jahre 2000 unser Gemeindehaus für die Eröffnung vorbereiteten, machte Frau Nemitz spontan den Vorschlag, auch hier eine Ausstellung mit Wittenfördener Motiven zu integrieren. Aus dieser Idee wurde dann die Bildergalerie, an der wir uns noch heute im Warteraum erfreuen können. Bei der Vorbereitung und Ausgestaltung des Kreiserntefestes im Jahre 2001 in Wittenförden wirkte natürlich auch Frau Nemitz wieder mit.
Sie gestaltete eine wirklich anspruchsvolle historische Ausstellung, die auch Ortsfremden einen guten Einblick in die Entwicklung unseres Ortes gab. Inzwischen wurde man auch an höherer Stelle auf Frau Gerda Nemitz aufmerksam. Am 8. Januar 2002 wurde sie in die Staatskanzlei gerufen. Hier überreichte ihr unser Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorf im Namen des Bundespräsidenten Johannes Rau den „Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland“. Im Jahr darauf konnte Frau Nemitz die Chronik der Wittenfördener Schule vorlegen.
Auf 104 Seiten ist hier alles akribisch zusammengetragen worden, was über die 350-jährige Geschichte unserer Schule heute noch bekannt ist. Auch dieses Werk können Sie, meine Damen und Herren käuflich erwerben.
An dieser Stelle möchte ich aber nicht versäumen, auch unserer Schulsekretärin, Frau Angelika Ende, meinen herzlichen Dank zu sagen. Seit Mitte der 9O-iger Jahre hilft sie Frau Nemitz unermüdlich bei der Aufarbeitung der Unmengen zusammengetragenen Materials. Allein hätte Frau Nemitz das alles wohl schwerlich schaffen können.
Als ehrenamtliche Ortschronistin hat sie darüber hinaus auch die Geschichte unserer Feuerwehr erforscht und die Ergebnisse in einer Broschüre zusammengetragen.
So wissen wir heute u. a. , dass das alte Spritzenhaus südlich des „Großen Paul „, das heute noch steht, im Jahre 1839 neu errichtet worden ist. Man hat hierfür Baumaterial verwendet, das von einemVorgängerbau stammte, der zuvor östlich des „Großen Paul“, des Dorf teiches an der Kirche, stand und offenbar schon genauso aussah wie der Neubau.
Auf das nächste Projekt sind wir schon alle gespannt. Das ist die Chronik über die Kirchgemeinde.
Immerhin ist Wittenförden seit dem Jahre 1217 Kirchdorf. Da dürfte eine Menge interessanten Materials zusammenkommen.
Liebe Frau Nemitz!
Durch Ihr ehrenamtliches Engagement haben Sie einen wichtigen Beitrag für unsere Gemeinde
insgesamt und für die Identifikation und die Heimatverbundenheit der Alteingesessenen wie auch der zahlreichen Neubürgerinnen und Neubürger geleistet.
Ihr ehrenamtlicher Einsatz macht sich nicht in Euro und Cent bezahlt. Eher im Gegenteil! Gleichwohl wird auch die freiwillige Leistung für die Gesellschaft entlohnt: Indem man dabei die eigenen Kenntnisse und Erfahrungen erweitert und
indem man an der Tätigkeit Freude hat und dafür Anerkennung erfährt. .Und wie sagten Sie einmal selbst? Die Freude die man gibt, kehrt in’s eigene Herz zurück.
Das Ehrenamt hat in unserer Gesellschaft eine Bedeutung, die wir gar nicht genug würdigen können. Deshalb brauchen wir Bürgerinnen und Bürger, die sich als verantwortlicher Teil der Gesellschaft verstehen, die mitreden, mithelfen und mitgestalten wollen.Liebe Frau Nemitz,
für Ihr langjähriges Engagement darf ich Ihnen heute die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Wittenförden übertragen und Ihnen die Ehrenurkunde überreichen. Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich!Manfred Bosselmann
Bürgermeister
SVZ vom Februar 2004
Noch im alten Jahr gab es eine absolute Neuerung in der Gemeinde Wittenförden: Ortschronistin Gerda Nemitz wurde zur Ehrenbürgerin ernannt. Überreicht werden soll ihr diese Auszeichnung auf dem Neujahrsempfang. Aus Anlass ihres 70. Geburtstages Ende Oktober erhielt Gerda Nemitz nicht nur viele Glückwünsche aus ganz Wittenförden. Die Gemeinde entschloss sich zu einer ganz besonderen Würdigung: Sie ernannte die Ortschronistin wenig später zur Ehrenbürgerin. Diese Auszeichnung wird nicht nur erstmals vergeben, sie soll es auch einmalig bleiben. „Wir wollen damit die besonderen Verdienste von Frau Nemitz für unsere Gemeinde würdigen, die sie vor allem im zurückliegenden Jahrzehnt als ehrenamtliche Ortschronistin geleistet hat“, begründet Bürgermeister Manfred Bosselmann.
Was allerdings noch fehlt, ist ein festlicher Akt, bei dem Gerda Nemitz die Ehrenbürger-Würde verliehen wird. „Das wollen wir im Rahmen nachholen“, kündigt Bosselmann an.
Gerda Nemitz hat dadurch etwas Zeit, sich auf diese für sie unerwartete Situation einzustellen. „Ich hätte nie gedacht. dass es so etwas wie einen Ehrenbürger jemals in Wittenförden geben würde“, sagt die Chronistin und gebürtige Wittenfördenerin. „Und dass ausgerechnet ich es dann sein soll, hätte ich schon gar nicht erwartet.“ Insofern schreibt Gerda Nemitz nun nicht nur die Wittenfördener Chronik auf, sondern schreibt selbst Dorfgeschichte.
In die Rolle der Chronistin kam die ehemalige Lehrerin dabei eher zufällig. Nach der Wende und 40 Arbeitsjahren im Schuldienst ging Gerda Nemitz in den wohlverdienten Ruhestand.
Doch zeitgleich stand die 775- Jahr-Feier ihres Heimatdorfes vor der Tür, das Jubiläum wurde 1992 würdig begangen. Gerda Nemitz gestaltete zu diesem Fest eine Ausstellung, für die sie umfangreiche Recherchen anstellte. Als das Fest vorbei war, nahmen die Dinge ihren weiteren Lauf: Ich hatte so viel Material gesammelt, daraus musste mehr gemacht. werden“, blickt die 70-Jährige zurück.
Im Laufe der Jahre entstanden verschiedene Grußkarten und Kalender mit alten und neuen Fotomotiven aus Wittenförden. 1995. zur lOOO-Jahr-Feier Mecklenburgs, kam das Buch „Ein Dörp in uns Heimat stellt sich vör“ heraus. Am Entwurf des Gemeindewappens arbeitete Gerda Nemitz ebenfalls mit. In jüngerer Zeit entstanden Dokumentationen über die Feuerwehr Wittenförden, das hier gefeierte Ludwigsluster Kreiserntefest und über die Verleihung des Namens Dr. Otto Steinfatt an die Schule sowie derzeit über die Schulausbildung im Dorf. „Das waren sehr schwierige Recherchen“, erzählt Gerda Nemitz. Zugleich betont sie, dass die Schulsekretärin Angelika Ende an diesen Arbeiten einen ebenso großen Anteil wie sie selbst hat. Nächstes Projekt der beiden Frauen ist eine Chronik über die Kirchgemeinde. Wittenförden ist seit 1217 Kirchdorf…
Von dieser aufwändigen Arbeit kann und will die 70-Jährige nicht lassen. Stolz ist sie darauf, dass ihr Motto „Denn die Freude, die wir geben, kehrt ins eigne Herz zurück“ sich auch erfüllt: Aus dem gesamten Dorf gibt es immer wieder Nachfragen zu dieser Geschichte oder zu jenem Haus, die nur Gerda Nemitz beantworten kann. „Und das stimmt eigentlich nicht“, betont die Chronistin. „Denn oftmals suche ich Rat bei alteingesessenen Wittenfördenern oder muss in Archiven nachschlagen.“